Evangelisti, Valerio   Inquisitor-Zyklus 2
 Das Blut des Inquisitors
                                                                           
		 
           	  	
               
         
        
        
         
	    
        
          
         
			
			    
			  
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          »Das Blut des Inquisitors« (Inquisitor-Zyklus 2) von Evangelisti, Valerio 
         
       
        
        
        
          
                    
          
 
          
 
	
	
        Mit "Das Blut des Inquisitors" ist jetzt der zweite Band des  
Inquisitor - Zyklusses von Valerio Evangelisti in Deutschland verfügbar.  
 
Der Leser wird wieder in die Welt des Großinquisitors Nikolas Eymerich  
geführt. Allerdings spielt dieser Handlungsteil im französischen  
Castres des Jahres 1358 und berührt somit auch den Hundertjährigen  
Krieg zwischen Frankreich und England. Eymerich hat die Aufgabe erhalten,  
seltsame Vorfälle in dieser französischen Stadt aufzuklären  
und zu beenden. 
 
Es handelt sich zum einen um die mysteriöse Organisation MASC,  
von der keiner weiß, ob sie überhaupt existiert und was sie  
praktiziert sowie um die Naassener, Menschen die einem alten Glauben anhängen.  
Beides sind Aktivitäten, die der Großinquisitor auf keinem  
Fall duldet. 
Der zweite Handlungsabschnitt des Buches spielt vorrangig in Nordamerika.  
Die Handlung erstreckt sich hier von 1952 bis in das neue Jahrtausend.  
Man wird unter anderem mit dem Rassismus des Ku-Klux-Klan konfrontiert.  
Dabei wird die Figur des Doktor Lycurgus Pinks eingeführt, der absolut  
überzeugt ist, dass weiße Menschen die besseren sind. Zu dieser  
erschreckenden Feststellung ist er durch Experimente gekommen, die belegen,  
dass im Blut von Farbigen viel häufiger ein Gen existiert, dass einmal  
aktiviert, einen schnellen Tod verursacht. Es handelt sich um die Sichelzellenanämie.  
Der Ausbruch der Krankheit erfolgt durch veränderte Umweltbedingungen.  
Dazu reicht zum Beispiel ein verringerter Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre.  
 
Diese Forschungen wurden zeitweise auch durch den CIA gefördert und  
diese stehen immer wieder mit ihm direkt oder indirekt in Verbindung.  
Sein erstes "Praxisexperiment" führt er in der Nähe  
von Baton Rouge durch. 
 
Irgendwie findet Pinks immer wieder Interessenten für seinen Wahn,  
ob für Aktionen in Algerien, auf Kuba, in Lateinamerika oder in den  
USA. Bis etwas außer Kontrolle gerät. Bei einem Versuch mit  
weißen Personen, die einer Sekte angehören, können während  
des kollektiven Selbstmordes doch einige Personen entkommen, die ein verändertes  
eingepflanztes Virus enthalten, welches die Krankheit hervorrufen kann  
und vererbbar ist.  
Dies zeigt sich in größerem Ausmaß erst während  
des Golfkrieges. Es werden spezielle Waffen, wie die Fuel-Air Bomben abgeworfen,  
die die klimatischen Verhältnisse in der Region beeinflussen. Plötzlich  
werden mehr als 900 Soldaten der US-Army schwer krank mit furchtbaren  
Symptomen. Mit Erstaunen wird dabei festgestellt, dass auch viele Weiße  
plötzlich Träger des Gens für die Sichelzellenanämie  
sind. Man versucht aber auch auf Anraten von dem allgegenwärtigen  
Pinks alles zu vertuschen. 
Anfang des 21. Jahrhunderts kommt ein US-Präsident an die Macht,  
der die Umweltgesetze lockert. Da so der Sauerstoffgehalt absinkt, bricht  
in den USA die Epidemie aus. Der rote Tod hält Einzug. Die Regierung  
verschanzt sich in sicheren Bunkern. Da taucht während eines Maskenballs  
wieder Pinks bei der Regierung auf. Er scheint die Maske des Roten Todes  
gewählt zu haben. Zu spät erkennt man den Irrtum und der Rote  
Tod beherrscht alles.  
 
Die parallel laufende Handlung über den Großinquisitor  
zeigt lange keinen Zusammenhang mit dem beschriebenen Gegenwartspart.  
Eymerich kommt nach Castres und findet eine seiner Meinung nach verruchte  
Stadt vor. Er erhält Kontakt zum bisher verantwortlichen Inquisitor  
und Schritt für Schritt tasten sie sich vorwärts. Da gibt es  
die adlige Familie Monfort, die als Bluttrinker verrufen sind. Allerdings  
ist dieses Geschlecht für die Kirche im Kampf zwischen England und  
Frankreich wichtig. Weiterhin scheine viele Einwohner der Stadt einem  
anderen Glauben als dem des Katholizismus anzugehören. Eymerich nutzt  
Ränkespiele, die Parteien zu entzweien. So stellt er dem nicht übermäßig  
fähigen Vogt einen hohen Posten in Aussicht. Mit Glück und Geschick  
entwirrt Eymerich die verschiedensten Fäden. So entdeckt er, dass  
auch Kirchenleute in die Geschehnisse verwickelt sind. Beim Besuch auf  
der Burg der Monforts trifft er die Tochter des Burgherren, die an einer  
schweren und schrecklichen Krankheit leidet. Durch den Verwalter der Burg  
erfährt er das Sophies Eltern Bruder und Schwester sind.  
 
Im Verlauf der weiteren Handlung offenbart sich die Rolle  
des Verwalters. Durch Folter und Einschüchterung von Personen erfährt  
der Inquisitor, dass Sophie hin und wieder in die Stadt kommt. Dort trinkt  
sie wirklich menschliches Blut, dass ihr in den Wirren des Krieges durch  
Söldner besorgt wird. Gleichzeitig wird ihr krankes Blut abgesaugt  
und von den Mitgliedern der Gemeinschaft der masc getrunken. Der Führer  
der Sekte ist der Verwalter Piquier. Ziel ist es möglichst viele  
Menschen zu infizieren, so dass die Menschheit mit der Zeit ausstirbt  
und alle ins Paradies kommen. 
Die Umstände ausnutzend, ordnet Eymerich ein großes Autodafé  
(Ketzergericht) im Kloster an. Fast alle Bürger und Adlige müssen  
zu diesem Spektakel kommen. Hier zeigt sich die Genialität und Skrupellosigkeit  
von Eymerich. Das Kloster wird versperrt und alle Eingeschlossenen kommen  
in den Flammen um. Damit hat er trotz gegenteiliger Ankündigungen  
auch die Naassener vernichtet. 
Sophie und ihr Mann, der Verwalter, werden gezwungen, das Land für  
immer zu verlassen und ins Heilige Land zu ziehen. Die Gräfin Monfort  
muss bleiben, um den Interessen der Kirche zu dienen. Das Massaker wird  
von der Kirche nicht wieder erwähnt. Und so schafft Evangelisti eine  
fast geniale Andeutung, warum das Blut vorrangig von Farbigen das schreckliche  
Gen beinhaltet. 
 
Auch der zweite Band bietet hervorragenden und spannenden Geschichtsunterricht.  
Man erfährt von den Grausamkeiten des Krieges und dem Leben im  
Mittelalter. Die Charakterisierung von Eymerich wird detaillierter. Man  
spürt dessen Abneigung gegen Unvollkommenheit und Schmutz sowie die  
bedingungslose Suche nach Wahrheit und die gnadenlose Durchsetzung seiner  
Ziele. Aber auch die Darstellung von Pinks und den Bedingungen seiner  
Zeit sind hervorzuheben. Da werden Andeutungen auf das Kennedy-Attentat  
und dessen Hintermänner getroffen, wird die schmutzige Kriegsführung  
im Golfkrieg verdeutlicht. Fast schon visionär sind Evangelistis  
seine Einschätzung der künftigen Bedingungen in den USA (z.  
B. Umweltschutz). 
Begeistern kann auch die Hommage auf Edgar Allan Poe mit dem Abschlusskapitel  
"Die Maske des Roten Todes".  
 
Insgesamt ist dies ein wirklich zu empfehlendes Buch, dass auch ohne Kenntnis  
von Teil 1 gelesen werden kann. Da die Handlung im Band 1 zum Teil  
in einer späteren Zukunft spielt, ist es etwas schwer erklärlich,  
dass die Auswirkungen der Epidemie dort nicht angedeutet wurden. Sollte  
die Krankheit doch schneller als gedacht wieder verschwunden sein? 
 
Eine Frage bliebe aber noch zu klären. Ist es wirklich ein  
Fantasy-Roman? Meiner Meinung nach könnte das Werk eher der Science-Fiction  
zugeordnet werden. 
Fantasyleser, die Bücher des Genres "Hero and Sword" suchen  
bzw. echte "High-Fantasy" bevorzugen, könnten das Buch  
enttäuscht beiseite legen. 
 
Trotzdem entscheidet sich der Rezensent für eine 8 und ist  
gespannt auf weitere Geschichten um den Großinquisitor Nikolas Eymerich.