Hyperdrive

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minkey
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Re: Hyperdrive

Beitrag von minkey » Mo 10. Jun 2013, 10:05

Ich schrieb in dieser Leserunde:
Minkey hat geschrieben:Ich vermute, dass die andere Schreibe zum einen daran liegt, dass es das ältere Werk ist und zum anderen daran, dass Ninragon literarisch viel ambitionierter ist.
Ohje, wie sehr kann man danebenliegen.

Dieses Wochenende habe ich in einem Moment der Claritas (wie es in Hyperdrive genannt wird) die Hintergründe von Hyperdrive erfasst.
Und um es mit Giebras Worten zu sagen: 'Ja, es kickte ungeheuerlich.'

Kap. 19 und 20 sind absolute Schlüsselszenen, hat man sie verstanden, ergibt sich vieles drumrum.

Und Literatur ist letztlich Verdichtung von Informationen.

Alleine in den Namen
Special Major M. Walser <-> Dugan Raijaw

ist tatsächlich das wesentliche Leitmotiv enthalten.

Falls jemand Lust hat nochmal einzusteigen, können wir gerne weiterdiskutieren.
Sobald ich mich von meinem sprachlosen Staunen erholt habe. ;)

Wobei dieser ungeheure Kick des Verstehens vermutlich nur dann kommt, wenn man selbst das Erlebnis hat. Ich hoffe, ich spreche nicht zu sehr in Rätseln?

minkey
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Re: Hyperdrive

Beitrag von minkey » Mi 12. Jun 2013, 23:01

Keiner?

Na, dann mach ich euch den Mund wässrig (hoffe ich):
Die Verhörszene in Kap. 19 gehört zum Faszinierendsten, was ich je gelesen habe. Wobei mir gleichzeitig jetzt auch klar ist, dass ich Bücher wie ein Blinder lese und ich womöglich schon viel verpasst habe. ;-)

Wer das Buch bereits gelesen hat, die Szene aber gerne in voller Pracht erleben möchte, dem gebe ich folgendes mit:

Zunächst eine vorbereitende Szene in Kap. 16:
Hyperdrive Kap. 16 hat geschrieben:"In diesem Moment fühlte es sich für Samantha an, als würde sie etwas packen, so dass ihre Füsse den Boden verloren und sie von einem noch höheren Punkt als dort, wo sie tatsächlich stand, auf die Szenerie vor sich herabblickte, als werde sie geradezu hineingezogen in den Ausblick. Nein, erkannte sie, als würde das Bild der Stadt und des Flusses in sie hineingezogen. Es war ein unwirklicher Moment, als würde ein Kontakt zu den Erscheinungen, die sie mit ihren Sinnen aufnahm, hergestellt, bei dem ihr Körperempfinden fast ganz in den Hintergrund trat. Sie hatte von so etwas schon in Büchern gelesen und sie hatte es auch schon ein paar Mal erlebt. Dichter und Philosophen der Vergangenheit, hatten dieser Empfindung verschiedene Namen gegeben. Epiphania, Claritas."
Samantha ist die Identfikationsfigur des Lesers. Horus gibt dem Leser gerne die Möglichkeit, solche Momente zu erleben. Claritas im Sinne von: Die Struktur der Dinge zu erkennen, die verborgene Wahrheit hinter der Kulisse zu sehen.

Rückblick auf Kap. 14 Doscani von der Anthrochora:
Hyperdrive Doscani Kap.14 hat geschrieben:Wir wollen ihn... weil er Dugan Raijaw ist. Dass Menschen zu einer gegebenen Zeit an einem bestimmten Punkt stehen, kann den Lauf von Gesellschaften beeinflussen... Das andere Menschen sehen, was sie tun, kann als Kaskade die Macht einer Naturgewalt erlangen.
Nun, kann es Gesellschaften ändern, wenn man Dugan zuschaut? Mal sehen...

Eine weitere Aussage von Doscani, die mir geholfen hat und euch entsprechend vielleicht auch:
Hyperdive Doscani Kap. 14 hat geschrieben:Antrochora ist keine Ämterdemokratie sondern eine Delegationsdemokratie.
Wie würde man hier Walser und Dugan zuordnen?

Der nächste Hinweis (der allerdings auch verwirrend sein kann, mir aber viel geholfen hat):
Hyperdrive 1. Verhör-Szene Walser/Dugan Kap. 17 hat geschrieben:Walser sah, wie Dugan kurz und heftig in seinem Mundinnern saugte. Spuckte. Es traf Walser zwischen Nasenwurzel und Auge, bevor er zu Seite zucken konnte, lief ihm warm über die Wange. Er wischte danach und seine Finger waren rot.
Und mit diesen Informationen kann man die Verhörszene Kap. 19 verstehen. Achtet auf die grandiosen Perspektivwechsel und seht Dugan zu. Versteht man es, dreht sich eine Aussage in der Szene komplett. Hätte jemand in dieser Szene die Erkenntnis, die ihr durch aufmerksames Beobachten von Dugan bekommt, ebenfalls bekommen, hätte sich die hier erzählte Geschichte deutlich geändert. Kaskadierend ändert das Gesellschaften.

So. Genießt es. Ich finde es einfach nur grandios...

Und btw: Die Thematik "Ämterdemokratie/Delegiertendemokratie" findet sich im Ninragon auch stark thematisiert. Da haben wir in unserer Leserunde hier noch gar nicht drüber gesprochen...

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Re: Hyperdrive

Beitrag von minkey » Mi 12. Jun 2013, 23:09

Ah, eine Ergänzung noch, nicht ganz unwichtig für die Szene, falls es einer nicht mehr weiß: Dugan war früher selbst in der Armee der UON.

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Re: Hyperdrive

Beitrag von Hexodus » Do 13. Jun 2013, 14:23

Ich kann da leider nicht mehr mitreden, habe doch nur zwei Ebooks gelesen... Aber schön zu sehen, wie begeistert Du bist, das spricht sehr für die Serie.
Und Literatur ist letztlich Verdichtung von Informationen.
Das ist eine erstaunlich tiefsinnige Bemerkung, über die noch sinnieren muss. Zunächst würde ich Dir zustimmen wollen, schließlich muss jemand der so kluge Gedanken ausspricht sicherlich Recht haben. Letztendlich kann ich das nur bedingt bejahen. Bücher filtern und organisieren Informationen hierarchisch. Wenn Du das mit Verdichtung meinst, stimme ich dem zu. Ist jedoch ein Kondensieren der Information gemeint, muss ich widersprechen. Ein Lexikon oder eine Formelsammlung wäre verdichtet, die Informationen in der Unterhaltungsliteratur sind hingegen
mit Füllmaterial gestreckt. Man, Du hast mich wieder zum Denken verführt. My brain hurts! :lol:

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Re: Hyperdrive

Beitrag von minkey » Do 13. Jun 2013, 15:38

Naja, ehrlich gesagt habe ich Dugan falsch zitiert, es ging um Lyrik, die noch höher verdichtet ist als Prosaliteratur. Hier ein Teil der Stelle.
Hyperdrive Dugan Kap.19 hat geschrieben:(Dugan spricht:) "Sie müssen nur genau hinsehen. Es ist alles drin. Schauen Sie sich die Bedeutung des Namens Raijaw an. Es ist verdichtet. Wie bei Lyrik. Mögen Sie Lyrik?"
Seltsame Wendung, dachte Walser. Sehen, wohin das führt. "Man sagt, dass Lyrik immer Recht hat", improvisierte er, "sie kann nicht lügen."
Hexodus hat geschrieben:Ich kann da leider nicht mehr mitreden, habe doch nur zwei Ebooks gelesen
Ganz großer Fehler, Dir entgeht damit nicht nur der großartige Showdown, sondern auch Baijaku, Walser, Dugan, Giebra.
Ich mag die Kronos-Episode auch nicht sonderlich. Jetzt, wo ich den Rest verstehe, verstehe ich, warum sie notwendig ist. Aber wenn Du schon Kronos hinter Dich gebracht hast, dann ausgerechnet auf das grandiose Baijaku verzichten? Und auf den großartigen Showdown? Die Ernte, die Dir nach Kronos zusteht?
Hexodus hat geschrieben:Ein Lexikon oder eine Formelsammlung wäre verdichtet, die Informationen in der Unterhaltungsliteratur sind hingegen
mit Füllmaterial gestreckt.
Ja und Nein. Wörter sind vieldeutig, bereits ein Wort kann mehrere Bedeutungen transportieren, mehrere Stimmungen erzeugen, mehrere Bilder im Kopf entstehen lassen. Reine Unterhaltungsliteratur im Sinne von Trivialliteratur enthält nur die vordergründige Bedeutung und diese tatsächlich mit Füllmaterial gestreckt. Unterhaltende Literatur wie Horus sie schreibt, enthält Schichtungen, multiple Bedeutungen je nachdem aus welchem Blickwinkel man gerade schaut. Lyrik verdichtet noch stärker. Kap. 19 ist in dieser Hinsicht sehr stark verdichtet.

Aber um einfach mal ein Beispiel zu nennen und damit einen Zipfel aufzudecken von dem was ich meine und ein Beispiel für Verdichtung zu bringen, wie Horus sie gerne macht:
Hyperdrive 1. Verhör-Szene Walser/Dugan Kap. 17 hat geschrieben:Walser sah, wie Dugan kurz und heftig in seinem Mundinnern saugte. Spuckte. Es traf Walser zwischen Nasenwurzel und Auge, bevor er zu Seite zucken konnte, lief ihm warm über die Wange. Er wischte danach und seine Finger waren rot.
Das kann man so stehen lassen, wie es ist. Klar, das funktioniert. Dugan spuckt halt Walser ins Gesicht. Und auch noch Blut, igitt.

Das kann man aber auch so sehen:
Dugan spuckt Walser genau zentral an: Dugan sieht in diesem Moment Walser als das, was er am Meisten an sich selbst hasst, er sieht in Dugan seine eigene Vergangenheit als UON-Soldat.
In der Spucke ist Dugans Blut: Dugan und Walser sind sozusagen aus dem gleichen Holz geschnitzt, sie haben das gleiche Blut, sind sich sehr ähnlich, quasi seelenverwandt. Zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort hätte diese Szene sozusagen mit beiden Personen genau andersherum stattfinden können. Oder zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort könnten diese beiden dickste Freunde sein, Blutsbrüder.
Hier und jetzt aber sind sie die größten Feinde.

So aus dem Kontext gerissen mag das verwegen klingen, aber die Szene in Kap. 19 bestätigt das obige Bild, führt es weiter und stellt alles auf den Kopf. Du stehst nur noch staunend davor und denkst, das kann einfach nicht wahr sein. Und dann liesst Du Kap. 20 und siehst genau das, was Du gerade erlebt hast, erneut gespiegelt. Einfach irre...

Kap. 19 bezieht den Leser ganz stark in die Handlung mit ein. Wenn er will! Es gibt eine andere Stelle in Hyperdrive mit einem interaktiven Buch, ein Buch, dass den Leser das sehen lässt, was er sehen möchte. Auch das mal wieder ein kleiner Fingerzeig von Horus, wie man hier lesen kann, wenn man möchte. Vordergründig eine hübsche technische Spielerei, hintergründig das Buch, dass man mit Hyperdrive gerade in Händen hält. Je nachdem wie weit Du Dich auf das Buch einlässt, siehst Du was ganz anderes. Und hey, wer hätte nicht gerne so'n cooles interaktives Buch?
Sehr sehr cool...

Oder um auf ein Beispiel aus Ninragon zurückzukommen, dass Du selber mal angeführt hast, weil es Dir so gut gefallen hat. Die Stelle mit den Düften. Lies die Stelle erneut und stell Dir vor, die Mutter steht für Literatur. Kap. 19 hier finde ich zwar viel eindrucksvoller, aber auch dort werden Dir die Augen aufgehen. Zumal die Stelle wunderschön geschrieben ist.
Und das Schöne: Auch ohne den richtigen Blickwinkel zu haben, erspürt man, dass sich mehr hinter den Worten verbirgt. Wirken die Worte einfach soviel runder, bedeutender, klangvoller. Es stimmt einfach in sich und flüstert einem Geheimnisse ins Ohr. Die man komplett ignorieren kann, einfach weil es vordergründig spannend ist und man wissen möchte, wie es weitergeht. Hyperdrive schwafelt nie bedeutungsschwanger daher, man kann die Schichtung komplett ignorieren, so wie ich es bisher getan habe:
Bisher hielt ich Hyperdrive für ein vordergründiges, spannendes Abenteuer. Eine Leserunde zu Hyperdrive? Hmm, wird schwer, worüber reden? Die Handlung ist ja offensichtlich, da braucht man nicht drüber zu diskutieren.

Ja, von wegen. Da steckt sicher nicht weniger drin als in Ninragon. Und andersherum, durch Hyperdrive sehe ich jetzt wieder lauter neue Schichten in Ninragon. Und jetzt lese ich das Ganze erneut und lausche auf die Geheimnisse. Und bekomme plötzlich eine ganz andere Geschichte, eine äußerst spannende noch dazu. Sehr sehr cool.

BTW: Als ich Kap. 19 verstanden habe, kam ich auf die interessante Idee, wie wohl Hyperdrive aus Walsers Perspektive geschrieben aussehen könnte. Dann habe ich nochmal 'ne Runde weitergedacht und festgestellt, dass Horus diese Idee vielleicht auch ganz reizvoll fand. :)

Hast Du nicht alle Bände von Hyperdrive oder hast Du sie nur noch nicht gelesen?

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Hexodus
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Re: Hyperdrive

Beitrag von Hexodus » Fr 14. Jun 2013, 09:46

Bei Information denke ich automatisch an Fakten und Wissen. Von dieser Annahme ausgehend, ist Literatur gezielte Desinformation und das Gegenteil der Wahrheit. Stelle Dir Mal vor, wie eine Außerirdische Spezies die Menschen ausspioniert und dabei auf massenweise fikitves Material stößt. Ein erheiternder Gedanke, was die davon halten würden.
Mir ist natürlich klar, dass Du Information nicht auf das Wissen reduzierst, sondern Information auf jedwede Sachverhalte extrapolierst. Dann macht das gesagte auch Sinn und bringt einen Mehrwert.
Was die verborgenen Schichten in der Literatur angeht, bleibe ich skeptisch. Entweder entstehen diese durch die komplexe Psyche des Autors automatisch oder werden von Lesern hinein fabuliert. Ich bezweifle, dass es sich dabei um einen bewussten Prozess handelt. Und ein Autor wird seinen Lesern in dieser Hinsicht nicht widersprechen, zumal er sich damit herab stufen würde. Für mich sind die in der Diskussion aufgeführten Metaphern nicht eindeutig bzw. entsteht deren Sinnhaftigkeit womöglich erst im Prozess Deiner Interpretation. Mit mir als Skeptiker wirst Du es nur schwer haben eine Analyse auf der Metaebene zu besprechen. Nenne mich ruhig ignorant und ketzerisch, ich bin halt so :mrgreen:

Hast Du schon die Licht-Trilogie von Brend Weeks gelesen? http://www.fantasybuch.de/buch-sucherge ... arch=weeks Abgesehen davon, dass es sich dabei um unglaublich gute und ungewöhnliche Fantasy handelt, meine ich auf die Spitze des Eisbergs zu blicken, unter der sich gewaltiges verbirgt. Dein Blick darauf würde mich sehr interessieren. Vielleicht werde ich dann doch zum Meta-Believer bekehrt.
Du und Horus solltet das unbedingt lesen. Für mich heißen die drei besten Fantasy-Autoren der Gegenwart übrigens Brandon Sanderson, Brend Weeks und Horus W. Odenthal - ist ehrlich gemeint weil wohl verdient und kein Geschleime.
Hast Du nicht alle Bände von Hyperdrive oder hast Du sie nur noch nicht gelesen?
Ich habe tatsächlich nur die Zwei. Weil ich kein Kindle habe, kann ich mir die auch nicht einfach nach Lust und Laune besorgen. Ansonsten hätte ich sicherlich schon rein geschaut.

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Re: Hyperdrive

Beitrag von minkey » Fr 14. Jun 2013, 13:59

Hexodus hat geschrieben:Bei Information denke ich automatisch an Fakten und Wissen. Von dieser Annahme ausgehend, ist Literatur gezielte Desinformation und das Gegenteil der Wahrheit.
Literatur als gezielte Desinformation? Da begibst Du Dich auf ein sehr dünnes Eis. Wenn Du Information im Sinne von Wissen meinst, dann ist Literatur vielleicht eine unterhaltende Beleuchtung von Wissen, aber eigentlich ist Literatur mehr als das.
Aber heute abend dazu mehr, habe jetzt wenig Zeit.
Hexodus hat geschrieben:Was die verborgenen Schichten in der Literatur angeht, bleibe ich skeptisch. Entweder entstehen diese durch die komplexe Psyche des Autors automatisch oder werden von Lesern hinein fabuliert. Ich bezweifle, dass es sich dabei um einen bewussten Prozess handelt. Und ein Autor wird seinen Lesern in dieser Hinsicht nicht widersprechen, zumal er sich damit herab stufen würde. Für mich sind die in der Diskussion aufgeführten Metaphern nicht eindeutig bzw. entsteht deren Sinnhaftigkeit womöglich erst im Prozess Deiner Interpretation. Mit mir als Skeptiker wirst Du es nur schwer haben eine Analyse auf der Metaebene zu besprechen. Nenne mich ruhig ignorant und ketzerisch, ich bin halt so :mrgreen:
:-) Auch dazu schreibe ich Dir heute abend mehr. Für die aus dem Kontext und isoliert betrachtete Stelle, hast Du natürlich Recht. Das ist aus dem Fenster gelehnt.
Aber... Du wirst schon sehen...
Du wirst eben genauso staunen, wie ich.
Und wie sagt Giebra: "Ja, es kickt ungeheuerlich."
Hexodus hat geschrieben:
Hast Du nicht alle Bände von Hyperdrive oder hast Du sie nur noch nicht gelesen?
Ich habe tatsächlich nur die Zwei. Weil ich kein Kindle habe, kann ich mir die auch nicht einfach nach Lust und Laune besorgen. Ansonsten hätte ich sicherlich schon rein geschaut.
Nun, da lässt sich sicherlich was machen... Mal sehen...

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Re: Hyperdrive

Beitrag von minkey » Fr 14. Jun 2013, 23:41

Hexodus hat geschrieben:Für mich sind die in der Diskussion aufgeführten Metaphern nicht eindeutig bzw. entsteht deren Sinnhaftigkeit womöglich erst im Prozess Deiner Interpretation.
Mir ist jetzt nicht klar, ob Du Dich auf das eine Beispiel beziehst (Spucke, Blut) oder auf literarische Metaebenen im Allgemeinen? Hast Du Zweifel, dass es in Hyperdrive und Ninragon eine reichbesetzte Metaebene gibt die von Horus intendiert war?

Hmm, es ist spät, aber ich bringe ein weiteres Beispiel. Du hast Wissen angesprochen, also gehen wir es mal von der Seite an.
Literatur und Wissen, wie wird Literatur vom Leser verstanden, da sind wir bei Hermeneutik bzw. dem hermenutischen Zirkel: "Der hermeneutische Zirkel (bzw. als Prozeß aufgefaßt: die hermeneutische Spirale) enthält ein scheinbares Paradox: das, was verstanden werden soll, muß schon vorher irgendwie verstanden worden sein".

Was hat Hyperdrive damit zu tun. Nun, sagen wir, Horus wollte dieses interaktive Buch schreiben, wie in der Metapher, die ich angeführt habe. Wäre es dann nicht naheliegend, auch den hermenutischen Zirkel zu versinnbildlichen? Würde sich dann nicht eine Erzählform anbieten, die sich wie eine Spirale zeitlich um bestimmte Punkte herumdreht? Das wäre eine sehr ungewöhnliche Erzählstruktur, sowas lehnt jeder Lektor ab, weil es eine Herausforderung für den Leser ist. Jemand, der einfach nur eine spannende Geschichte erzählen wollte, würde wohl kaum eine so schwierige Erzählstruktur wählen, sondern linear erzählen. Warum hat Hyperdrive dann diese spiralförmige Erzählstruktur? Nicht vom Erzähler intendiert? Unvermögen?

Schauen wir weiter: Einen Diskurs über ein Thema führt man über Dialektik: These und Antithese führt zur Synthese, diese wiederum zu einer neuen These mit Antithese und einer neuen Synthese. Schauen wir uns Hyperdrive an, sehen wir diese Struktur? Ja, definitiv. Ich schreib sie jetzt nicht hierhin, das soll jeder für sich entdecken können. Wieder ein nicht intendendierter Zufall?

Schauen wir bei Ninragon, da ist die Dialektik ebenfalls deutlich: Auric und Darachel als These und Antithese, die sich im Verlauf immer weiter annähern, um zum Schluss zur letztendlichen Synthese zu gelangen. Wieder nur ein Zufall, dass eine derart ungewöhnliche Erzähstruktur gewählt wird?

Horus ist ein Meister der Perspektive, ich kenne das von keinem anderen Schriftsteller, alleine schon über die Perspektiven macht er sehr viel klar. Ich schreibe demnächst mehr dazu. Jetzt ist Bettzeit.

minkey
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Re: Hyperdrive

Beitrag von minkey » Sa 15. Jun 2013, 09:45

So, ich versuche es heute mal anders:

Hyperdrive ist Deine Ausbildung zum Nirloten, Kap. 19 ein hervorragender Sprungnodus als Einstieg. Wie ein Hyperdriveflug funktioniert kann man nicht erklären, es weiß keiner, wie es funktioniert, man muss ihn einfach selbst machen.

Also mach ihn einfach, Deinen ersten Hyperdrive-Sprung durch den Kap.19-Nodus um in einer anderen Welt zu erwachen.

theDude
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Re: Hyperdrive

Beitrag von theDude » Fr 21. Jun 2013, 13:21

minkey hat geschrieben:
Hexodus hat geschrieben:Bei Information denke ich automatisch an Fakten und Wissen. Von dieser Annahme ausgehend, ist Literatur gezielte Desinformation und das Gegenteil der Wahrheit.
Literatur als gezielte Desinformation? Da begibst Du Dich auf ein sehr dünnes Eis. Wenn Du Information im Sinne von Wissen meinst, dann ist Literatur vielleicht eine unterhaltende Beleuchtung von Wissen, aber eigentlich ist Literatur mehr als das.
Aber heute abend dazu mehr, habe jetzt wenig Zeit.
Find ich einen interessanten Ansatz. Wobei, 'Wissen' ist wahrscheinlich genau gleich schwammig definiert / weitläufig wie 'Literatur'.

Geht man von Faktenwissen aus, wirst du das in Literatur so gut wie nie finden. Das meint Hexodus wahrscheinlich auch mit gezielter Desinformation. Genetisch modifizierte Elitekämpfer oder Feuerbälle werfende Elfenmagier haben wenig mit Realität zu tun. In der Fantasy ist dies auch 100%ig beabsichtigt. Schliesslich möchte man den Leser in eine Welt entführen, die sich extrem vom Alltag unterscheidet. Darum gezielte Desinformation.
Dies gilt sogar für "Real Life" Romane. Auch hier wird eigentlich fast immer eine extreme (Traum-)Welt dargestellt (entweder übertrieben böse oder idealisiert, je nach gewünschtem Zielpublikum).

Faktenwissen ist immer falsch oder richtig. In vielschichtigen Büchern findet man im Hintergrund aber eher abstraktere Ideen oder moralische / idealistische Vorstellungen. Die sind selten eindeutig richtig oder falsch, sondern vielmehr Denkanstösse, eher philosophisch als mathematisch.
Hexodus hat geschrieben:Was die verborgenen Schichten in der Literatur angeht, bleibe ich skeptisch. Entweder entstehen diese durch die komplexe Psyche des Autors automatisch oder werden von Lesern hinein fabuliert. Ich bezweifle, dass es sich dabei um einen bewussten Prozess handelt.
Ging mir genau gleich. Mittlerweilen bin ich aber anderer Meinung. Ich habe einige Musiker kennengelernt, die auf der Bühne ganz locker improvisieren und ne coole Show abziehen. Als ich dann bei ihren Bandproben dabei war, hab ich gemerkt, dass fast alles ganz genau geplant ist. Selbst die improvisierten Teile wurden mehrfach geübt. Zwar klangen sie immer etwas anders, aber der Grundcharakter war immer der gleiche. Ihre Songs entstehen nicht sofort, sondern erst nach unzähligen Stunden Arbeit. Jede Stelle wird immer wieder überarbeitet und geschliffen, bis das Endergebnis stimmt. Und zum Schluss entsteht ein Song, der wirkt, als wäre er gemütlich am Lagerfeuer kurz hingekritzelt worden.

Wobei, eigentlich ist das ja auch egal. Wenn man Spass hat, Dinge reinzuinterpretieren, sollte man dies unbedingt tun. Bei Texten machts mir Freude, ein Gerüst hinter den Worten zu suchen. Bei Musik eher weniger. Aber auch da gibts Leute, die nur glücklich Musik hören können, wenn sie nachher über Leitmotive etc. diskutieren dürfen.



@minkey

Vieles an deinen Interpretationsansätzen ist mir unklar.
Raijaw und Walser sind sicher zwei interessante Personen. Beide sind Aussenseiter in ihrer jeweiligen Umgebung, beide sind aber auch Respektspersonen, die von ihrer Umgebung zumindest geschätzt werden. Man kann Walser als Dugans Vergangenheit sehen, man kann ihn aber auch als Antithese, als "was wäre wenn" betrachten.
Walser und Dugan fühlen sich beide bis zu einem gewissen Grade unwohl bei der UON. Walser hat nämlich nicht nur negative Seiten. Er sieht die Machtkämpfe um ihn herum, versucht aber nicht, ohne Rücksicht auf Verluste das beste für ihn herauszuholen. Er sucht vielmehr das Gespräch mit seinen Gegenspielern, um zu einer rundum befriedigenden Lösung zu kommen. Walser und Dugan sind charakterlich fast die gleichen Personen. Nur ist Walser bei der UON geblieben, während Raijaw ausgetreten ist. Darum hassen sie sich. Sie sind beide dem anderen ein Spiegel des Weges, gegen den sie sich bewusst entschieden haben.

Als Leser hatte ich gegenüber Walser nicht nur negative Gefühle. Genau gleich wie ich gegenüber Raijaw nicht nur positive Gefühle hatte. Aber genau das macht Hyperdrive spannend. Es ist keine schwarz-weiss Welt, sondern komplett und verschachtelt.

Darum: Ich sehe in Hyperdrive extrem viel Struktur und extrem geschickt genutzte Worte. Aber keine direkte idealistische / philosophische Aussage.

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