theDude hat geschrieben:Dass Aurics "Soldaten" Kinder sind liegt nunmal daran, dass er selbst noch ein Kind ist.
Ja und das ist eben kein Zufall. Es ist ein wiederkehrendes Thema im Fantasygenre.
Und es ändert nichts daran, dass Kinder zur Schlachtbank zu führen, alles andere als eine Heldentat ist, es ist die Pervertierung einer Heldentat.
theDude hat geschrieben:Darum darf man ihn in meinen Augen nicht als Brutalo sehen, der Kinder zur Schlachtbank führt. Er ist vielmehr ein herausragender Taktiker, der mit List und Intellekt mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Schlacht wendet. Dabei kämpft er an vorderster Front mit. Er lässt keine Sklaven vorne sterben, während er hinten gemütlich Tee trinkt.
Insofern erfüllt er immer noch alle Anforderungen, die ein klassischer Held erfüllen muss.
Er vereint beides in sich, er verhält sich genau, wie sich Helden in Fantasybüchern verhalten. Aber er wendet eine Schlacht, in der es um nichts geht. Er hat stattdessen die Option, die Kinder vom Schlachtfeld wegzuführen.
Ihm bleibt nichts anderes übrig, als die Kinder auf das Schlachtfeld zu führen, weil er genau genommen die Erwartungen des Lesers erfüllen muss. Er führt dem Leser diese Erwartungen im Grunde genommen vor.
Hast Du jemals in einem Fantasybuch eine Szene gelesen, wie die, in der aufgeführt wird, wie die Kinder gestorben sind? Das ist doch so stark abgesetzt kein Zufall.
Hauptkonflikt von Auric ist, nicht wie sein Vater zu werden, sondern wie seine Mutter. Er *ist* aber beides und wird immer stärker zur Seite seines Vaters gezogen, obwohl er nur in Richtung seiner Mutter unterwegs ist. In Richtung seines Vaters wird er gedrückt, wegen der Erwartungen, die an ihn gestellt werden. Weil er ein Barbar ist. Weil auch der Leser ein Barbar ist. Und weil der Leser lesen möchte, wie ein Barbar kämpft.
theDude hat geschrieben:Yap, man weiss nicht, worum es geht. Allerdings wird zeitgleich mit diesem Fakt erwähnt, dass man dies eigentlich in keiner Schlacht, die Skrimaren führen, weiss. Ich sehe nicht viel mehr in dieser Aussage als ein weiterer Mosaikstein, der zeigen soll, aus welch barbarischem Umfeld Auric eigentlich kommt.
Ich sehe darin eine Aussage zu Kriegen/Schlachten allgemein. In der Fantasy geht es bei Schlachten darum, dass das Gute das Böse besiegt. Ehre, Helden, blablabla.
In Ninragon geht es in dieser Schlacht nur um eins: Zu Überleben.
Kriege/Schlachten sind damit das, was sie wirklich sind: Ein sinnloses Grauen.
Es dient natürlich zusätzlich dazu, deutlich zu machen, dass der Tod der Kinder sinnlos ist. Schlimmer gehts nimmer.
theDude hat geschrieben:
Die Parallele zu "gehobenem" Fantasy / "normalem" Fantasy ist sicher legitim, allerdings nicht überall 100%ig schlüssig. (eben beispielsweise die ungezähmte Rohheit vom Vater) Dies kann man, wenn man möchte, darauf schieben, dass schliesslich eine lesbare Geschichte entstehen musste. Vlt. gings ja auch nur darum, eine zwiespältige Figur aufzubauen. Das kann aber eigentlich nur Horus beurteilen
Der Schlüssel hierzu liegt denke ich in Horus Frage, ob Virri nicht auch der Vater von Auric sein könnte. Ich denke noch darüber nach.
Ich hatte heute schon eine völlig schlüssige Erklärung genau zu dieser Frage, aber im Moment ist sie wieder weg.
theDude hat geschrieben:
Für mich hat Auric nur ein Ziel, nämlich aus seinem Barbarendasein ausbrechen. Von Anfang an hat er die traditionelle Lebensweise verachtet. Die Einflüsse und Erwartungen seines Stammes und seines Vaters sind kein Weg im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr Hindernisse, die ihm in seinen Weg gelegt werden. Hier gibt es quasi strikt ein Gut und ein Böse. Auric kämpft gegen das Böse, indem er ausbricht. Indem er gegen Vorurteile antritt und trotz aller Widrigkeiten doch zu den Ninrae findet.
Vereinfacht gesehen: Ja. Auf der Metaebene sind es letztendlich die Erwartungen des Lesers, die durch die vorherrschende Fantasyliteratur geprägt sind. Aus diesen versucht Auric auszubrechen, scheitert aber immer wieder an den Erwartungen, die an ihn gestellt werden.
theDude hat geschrieben:Der einzige "Ausrutscher" ist das Erschlagen seines Vaters. Dies ist bisher die einzige Handlung, die wirklich emotional motiviert und im Affekt ausgeführt wurde.
Es ist kein Ausrutscher, genau hier wird das Zitat des Vaters aufgegriffen und gedreht: 'Jetzt bekommst Du den Sohn, den Du verdienst.' Es ist die unausweichliche Konsequenz, die endgültige Abkehr/Ablösung von seinem Vater. Das Perverse ist, genau dadurch, dass Auric seinen Vater erschlägt, macht er den größten Schritt, genauso zu werden.
theDude hat geschrieben:Momentan bin ich bei den Ninrae, die mit den Schichten rumspielen, am Ende der ersten Hälfte des ersten Bandes. Seit ich wirklich darüber nachdenke, was ich lese, ist das Tempo um einiges zurückgegangen^^
Es gibt aus meiner Sicht keinen wirklichen Grund das Tempo zu drosseln. Auric ist dazu gedacht als Unterhaltung gelesen zu werden. Das ganze Nachdenken findet sozusagen zusätzlich parallel statt. Ich glaube auch nicht, dass jede Szene eine tiefgreifende Bedeutung hat. Zumindest habe ich bei einigen keine gesehen. Aber Szenen, wie die Vater/Sohn/Axt-Szene sind natürlich von zentraler Bedeutung, sie wird ja auch an vielen Stellen wieder aufgegriffen. Ich habe noch andere erkannt und über den Schluss werden wir noch viel zu reden haben. Aber dazwischen gibt es (glaube ich) auch einiges, was einfach spannende Szenen sind. Mag aber sein, dass ich auch einiges nicht verstanden/gesehen habe. Aber das macht so 'ne Diskussion ja gerade so interessant.