Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

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Horus W. Odenthal
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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von Horus W. Odenthal » Fr 14. Dez 2012, 14:03

Ach übrigens, eine Anmerkung noch.
Der Inaim-Glaube ist zwar monotheistisch, doch findet sich auch hier die Dualität, da er sich in zwei Richtungen aufgespalten hat: das Duomnon-Mysterium, gewissermaßen der theurgisch-ekstatische Zweig, und das Aidiras-Mysterium, der rationalistische Zweig mit dem Grundsatz: Alles ist Symbol; und das Symbol ist der reinste Ausdruck der Logik. Zu dem Glauben an das Symbol als Basis der Welt gehört auch die Praxis der Symbolsteine, das Kenan. Der Eine Weg ist eine extreme Ausformung des Aidiras-Mysteriums. Kudai ist zwas Inaimist, aber es ist zu beachten, dass er ein Anhänger des Aidiras-Mysteriums und des Einen Weges ist. Nicht jeder, der "Inaim" sagt, meint auch das gleiche. Ganz wie in unserer Welt.

theDude
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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von theDude » Sa 15. Dez 2012, 12:33

Ja, das passt alles sehr schön. Wobei die Ninrae nicht unsterblich sind, altern sie nicht?
Keine Ahnung, langsam altern würde aber am Gesamtbild auch nix ändern. Schliesslich ist auch der "Büchermarkt" Alterung unterworfen.
ch schmeiss da noch mal den Elfenbeinturm mit rein, nichts anderes ist Himmelsriff doch und die Aszension, das Streben zu einem rein geistigen Wesen zu werden. Die Silae, die nichts anderes sind als vergeistigte Wesen. Und den Enthravanen, der auf mich noch immer wie ein Literaturpapst wirkt und richtig und falsch definieren will. Die Ninrae als Autoren gesehen, sind Autoren, die die Außenwirkung ihrer Texte nicht mehr interessiert. Die der Leser letztendlich nicht mehr interessiert. Wozu ein Leser? Es geht nur noch um den Text an sich. Wenn es keinen Leser gibt, dann ist Unterhaltung unnötig, es geht um höhere Ziele.
Naja, komplett unnötig wird der Leser nicht. Schliesslich will ein Text immer zu einer Menschenmenge sprechen, wenn man höhere Ziele verfolgt. Trotzdem passt Elfenbeinturm sehr gut. Man bleibt unter sich, kümmert sich nicht wirklich um den Rest und grenzt sich klar ab.
Die alten Sagen als Dachgenre? Es gibt weitere: Mythenlegenden wie Eisenkrone und Vanwhe, steht jedes Volk für ein eigenes Genre?
Ah ja, danach hab ich gesucht :)
Eisenkrone und Vanwhe sind für mich Strömungen in der Unterhaltungsliteratur selbst. Hier wird eine Unzahl an Stilrichtungen zu einem einheitlichen Brei zusammengeschmissen. Selbstverständlich muss es da zu Unstimmigkeiten kommen. Also Stilrichtungen, die sich aus diesem Brei lösen möchten, um sich selbst neu zu definieren und etwas spezielles zu werden, in gewisser Hinsicht besser als die restliche Unterhaltungsliteratur. Dementsprechend würde ich ihnen keine direkte Rolle / Fallbeispiel aufs Auge drücken, sondern sie vielmehr stellvertretend für solche Strömungen sehen.


Deine Gedanken zu Kudai und Virri finde ich super. Um Horus' Frage bezüglich Virri <-> Aurics Vater aufzugreifen: Diese Frage scheint mir nicht wirklich schlüssig beantwortbar. Sie hängt ganz davon ab, wie man Virris Benehmen betrachtet. Virri übertrifft durch seine Handlungen sämtliche Erwartungen des Stammes an ihn, er ist viel brutaler. Dies klingt schon fast ein bisschen nach Wahnsinn, so, als ob Virris innerstes Wesen gebrochen wurde, er also seine ursprüngliche Identität vergisst.
Aurics Vater hat sich nur eine Maske aufgesetzt. Er hat trotzdem heimlich die erbeuteten Bücher gelesen und war "kultiviert im Geiste", wenn er dies auch sorgsamst verstecken musste.
Betrachtet man Virris Gräultaten ebenfalls als Maske, können sie gleichgesetzt werden.
Ansonsten wird Virri wirklich vom Stammesgeist verschlungen, während sich Aurics Vater nur dem Massendruck beugt, sein innerstes Wesen aber bewahrt.
Virri scheint wahnsinnig, Aurics Vater verzweifelt.
Was mich an dem Bild stört, ist das Idirien für Kultiviertheit, Bildung steht und es Aurics ganzes Streben ist, Idirien zu verteidigen. Idirien als Unterhaltungsliteratur finde ich kein passendes Bild, aber ich kann Idirien bisher auch nicht im Gesamtkonzept wirklich schlüssig unterbringen.
Auric strebt nach Idirien, solange er es noch nicht kennt. Als er jedoch seinen Traum verwirklicht und an einer Universität aufgenommen wird, verschwindet er dort schnell wieder. Er hat nicht gefunden, was er wirklich gesucht hat. Die Ideale, denen er gefolgt ist, haben sich als hohl erwiesen. Das Idirien, das er suchte, existiert nicht.
Im Gegenteil: Als er Idirien kennenlernt, fängt er an, grosse Teile davon zu verachten.
Er verteidigt Idirien nicht wegen dessen Idealen, sondern weil er es als beste Alternative identifiziert. Der Kampf gegen die Valgaren führt er nur, weil er ihre Lebensweise noch mehr verabscheut. Der Kampf gegen die Kinphauren führt er v.a. zum Schutz der Menschen von Idirien, nicht, um das System zu schützen.

Von allen Buchformen, die Auric bis dahin kannte, war die Unterhaltungsliteratur die kultivierteste, die er bisher erleben konnte.
(Die Ninrae sah er nur mal aus der Ferne, verbunden mit negativen Gefühlen (Fremdheit etc.))

Mein Punkt: Wenn du das ganze absolut betrachtest, hast du recht. Aurics Handeln würde wenig Sinn machen. Betrachtest du allerdings nur die bisherigen Erfahrungen von Auric, machts durchaus Sinn.

Teile der S&S werden über die 16te in die Unterhaltungsliteratur aufgenommen. Teile der EF stellvertretend über Ikun ebenfalls.
Die gesamte Leserschaft an S&S und EF zu verlieren ist aber nicht akzeptabel. Also muss die Unterhaltungsliteratur verteidigt werden.
Nee, nee, das glaube ich nicht. Tolkien IST Epic Fantasy. Wenn Ikun Tolkien symbolisieren sollte, dann gäbe es auch eine Entsprechung für Howard. Wer sollte das sein? Kausstag? Ich glaube nicht, dass Horus so ein schlechtes Bild von Howard hat.
Da hast du mich nicht ganz richtig verstanden. EF wurde bei Erwachsenen oft als Kinderliteratur verlacht (nehme beispielsweise Hohlbein etc.). Tolkien hat es geschafft, daraus auszubrechen und auch bei Nicht-Jugendlichen als lesenswert eingestuft zu werden. Insofern ist er aus dem klassischen Schema ausgebrochen. Hier spiegelt sich auch wieder die "Kultiviertheit" von Idirien. Es ist eigentlich die Unterhaltungsliteratur, die auch von Erwachsenen gelesen werden kann, ohne als kindisch zu gelten.
Ich finde zwar den Post nicht mehr (und würd ihn hier auch nicht verlinken^^) aber bei ner Diskussion in der Couch hat Horus erwähnt, dass Ninragon mit dem Genre erwachsener geworden ist. Darauf hat eine Leserin erwidert, dass sie genau aus diesem Grund Fantasy liest, nämlich um die kindliche Seite ausleben zu können.
Tolkien steht da in der Mitte. EF als Wurzel, aber halt auch schon ein erwachsenes Publikum im Blickfeld.
Auch hier würde ich Ikun nicht fix mit Tolkien verbinden, sondern vielmehr mit Autoren, die den Spagat zwischen kindlicher EF als Wurzel und erwachsener Leserschaft hinkriegen.

Inaim und Tolkien passen mMn überhaupt nicht zusammen. Der Glaube an Inaim wird eigentlich nur in Idirien praktiziert. Tolkien hat seine Wurzeln und seinen Rückhalt in der EF. Zugegeben, wir wissen wenig über die Religion der Kinphauren.



Falls dir meine Interpretation von Idirien immer noch nicht gefällt, können wirs ja nochmals neu versuchen. Am besten mal zusammentragen, was wir über Idirien wissen und dann stimmig einfügen.

- Idirien umfasst einen Grossteil der bekannten Welt (über Kinphauren weiss man nix, Valgaren sind als irgendwelche Barbaren im Norden "vernachlässigbar")
- Idirien ist ein mehr oder weniger loses Gebilde aus unterschiedlichen Völkern, Religionen und Ansichten.
- Idirien steht kulturell zwischen Valgaren und Ninrae. (und sind somit der kulturelle Höchststand im Weltblid Aurics, bevor er Ninrae kennenlernt)

Dies sind die Punkte, auf die ich meine These gestützt habe. Ergänzungen und Widersprüche sind immer interessant.


aja, was Hyperdrive angeht: Hab die ersten zwei Bände gelesen, muss mir noch die restlichen besorgen. Werde dort aber vorerst als Zaungast teilnehmen. Für wirklich sinnvolle Gedankengänge fehlt mir fast die Zeit (muss ja auch noch anständige Rezensionen entwerfen^^). Aber vlt. klinke ich mich später ein, wenn sich die Lage bei mir wieder etwas beruhigt hat. Eigentlich mag ich ja solche Diskussionen.

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Hexodus
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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von Hexodus » Mi 19. Dez 2012, 10:34

Ich kann bei dieser Diskussion schon lange nicht mehr mithalten, doch möchte ich Bescheid geben, dass ich Horus Bücher auf Amazon bewertet habe. Und zwar jeweils die ersten Bände von Ninragon und Hyperdrive. Hoffe, dass ihm diese Unterstützung nützt. Das Beste überhaupt ist, dass ich bei den Wertungen ehrlich sein kann. Seine Bücher sind einfach verdammt gut.

Heute fange ich übrigens mit dem zweiten Ninragon an *freu*

minkey
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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von minkey » Mi 19. Dez 2012, 11:07

Hexodus hat geschrieben:Ich kann bei dieser Diskussion schon lange nicht mehr mithalten, doch möchte ich Bescheid geben, dass ich Horus Bücher auf Amazon bewertet habe. Und zwar jeweils die ersten Bände von Ninragon und Hyperdrive. Hoffe, dass ihm diese Unterstützung nützt. Das Beste überhaupt ist, dass ich bei den Wertungen ehrlich sein kann. Seine Bücher sind einfach verdammt gut.

Heute fange ich übrigens mit dem zweiten Ninragon an *freu*
Na, dann viel Spass!!!

Wenn Du alle 3 durch hast, kannst Du Dir die diversen Spoiler hier ja mal durchlesen.

Und gut mit den Rezis!!! Ich hoffe, Horus kriegt ein bisschen mehr Rückenwind, will mehr von ihm lesen. :)

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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von minkey » Sa 19. Jan 2013, 14:19

Über die Weihnachtszeit und Silvester ist die Diskussion hier ziemlich eingeschlafen. Ich selbst war auch 'ne Weile richtig ordentlich grippig, deswegen kam von mir auch nichts mehr hierzu.

Eigentlich gibt es noch viel über den Schluss vom 3. Teil zu diskutieren, der ist ja schon auf der 'direkten' Ebene schwierig genug zu verstehen bzw. ich habe den Eindruck, hier geht die Erzählebene in die Metaebene über. Ich finde es irgendwie schwierig nach der langen Zeit wieder in die Diskussion einzusteigen, hätte aber schon noch Lust dazu. Wie ist das Interesse bei euch Dude, Horus und vielleicht auch Hexodus, der irgendwo im 3. Teil steckt? Sollen wir nochmal oder lassen wir es ausklingen?

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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von theDude » Mi 23. Jan 2013, 20:48

ui, ne Antwort mit ner Frage

Jo, ich wär schon noch dabei. Nach meinem letzten Post stehen noch einige Fragen offen, mag aber auch konkrete neue, wenn du welche auf Lager hast :)

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Horus W. Odenthal
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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von Horus W. Odenthal » Mi 23. Jan 2013, 20:59

Bin dabei.

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Hexodus
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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von Hexodus » Fr 25. Jan 2013, 22:35

Bin bei einem Drittel und ja, ich mache mit. Ihr müsst nur verzeihen, wenn ich nicht zu tiefsinnig sein werde. Aber es ist immer gut eine Mann fürs Grobe zu haben :lol:

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Horus W. Odenthal
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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von Horus W. Odenthal » Sa 26. Jan 2013, 08:12

Dann sind wir ja schon zwei. :lol:

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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von minkey » Sa 26. Jan 2013, 19:31

So. Ich dachte, ich würde heute endlich mal Zeit haben, hier wieder ausführlich was rein zu schreiben. Aber Pustekuchen, es kommt immer wieder was neues dazwischen.

Um trotzdem mal eine Diskussion hier wieder anzufachen, werfe ich mal ein paar Fragen in die Runde:

Wir haben uns ja schon über einige Themen die Köpfe heissgeredet und sind da in vielen Punkten tendenziell auch einer Meinung. Ein Thema, das bisher weitgehend außen vor geblieben, das aber eine essentielle Rolle in Ninragon spielt, ist alles, was mit Drachen zu tun hat.

@Hexodus: Wenn Du noch nicht durch bist, nicht weiterlesen. Hier wird der Schluss gespoilert!


Ich schrieb bereits mal an einer Stelle, dass der Drachenmond für mich das Auge des Lesers mit den Erwartungen des Fantasygenres ist. Drachen und Drachenblut spielen an vielen Stellen eine Rolle: Die Barbaren trinken Drachenblut, um sich für den Kampf anzuheizen. Aurics Vater und Virri frönen dem Drachenblut. Und letztendlich ist es auch das Drachenblut, dass die Ninrae in eine Raserei treibt. Eine Art Vergiftung, heisst es. Was ist dieses Drachenblut? Die Erwartungen an das Genre, die es erschweren, Literatur zu schreiben? Erwartungen, die dem Autor das Leben schwer machen?

Und der Drache selbst: Er tritt nie als Drache auf. Was hat es mit diesem Drachen auf sich? Letztendlich ist auch der Silae durch den Drachen in seinem Innersten vergiftet. Und ist es nicht auch Auric, der in seinem Innersten durch den Drachen vergiftet wurde? Ist der Silae die reine hochgeistige Literatur? Das Drachenblut die Erwartung, die ihn vergiftet? Und Auric bzw. Ninragon stellt das Gleichgewicht zwischen Literatur und Genre wieder her (Sowohl auf der Metaebene, als auch auf der vordergründigen Ebene, als auch im literarischen Sinne)?

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