Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

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minkey
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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von minkey » Mo 26. Nov 2012, 11:07

@Hexodus: Falls Du Dich bis hier durchgelesen hast und die beiden letzten Bände noch nicht gelesen hast, dann solltest Du jetzt definitiv nicht mehr hier weiterlesen. Und zwar JETZT.

Unter diesem Strich wird das Ende der Trilogie gespoilert
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Wo Dude jetzt den letzten Band durch hat, mal ein paar Worte zu diesem, der ist zumindest für mich in vielen Dingen klarer, als der 2. Band und wir werden ohnehin einige Puzzlestückchen zusammenfügen müssen, um uns zur Metaebene durchzuschlagen. Überhaupt gibt es auch in der eigentlichen Handlung genügend Fragezeichen bei mir.

Also der letzte Band: Ich sehe 2 Endschlachten in entgegengesetzten Umgebungen. Es gibt 2 Personen, die in gewisser Weise an beiden Endkämpfen beteiligt sind: Darachel beendet den ersten Endkampf, indem er den Homunkulus/Kudai besiegt, Auric beendet den zweiten. Das klingt jetzt hier trivial, tatsächlich ist es durch die Konstruktion, u.a. den Kampf zwischen Darachel und dem Homunkulus, der zu dem Zeitpunkt eine anonyme Kampfmaschine ist, an den Anfang zu setzen, gar nicht so leicht zu sehen, finde ich.

Die erste Endschlacht findet in einer alten Kinphauren-Festung statt, der Eingang verschlossen von der Außenwelt. Es gelten sozusagen die Regeln der 'schlichten' Fantasy in diesem Kampf. Hier rettet Nefraku (und damit zum zweiten Mal die black company) Auric das Leben. Auric verliert diese Schlacht nicht nur, obwohl er die im Genre übliche Hilfe eines magischen Artefakts bekommt, es ist auch eine restlos vernichtende Niederlage. Er ist nicht mal mehr in der Lage diesem Kampf aus eigener Kraft zu entkommen, sondern rutscht eine Rampe hinab, um anschließend vom Geist seines Vaters Unterstützung zu bekommen. Diesen Geist würde ich als das Potential ansehen, das dem Fantasygenre innewohnt oder vielleicht auch als die eigentliche pure, unverdorbene Essenz, aus der Fantasy besteht.

Der zweite Endkampf findet in Himmelsriff statt. Hier gelten eigentlich die Regeln der Literatur, gekämpft wird aber dank Drachenblut nach den Regeln der 'schlichten' Fantasy: Sword and Sorcery. Der eigentliche 'Kampf' findet aber zwischen Auric und dem Silae Bogenfall des Lichts statt und es ist ein Kampf auf der metaphorischen Ebene. Sind nicht die Silae letztlich ohnehin personifizierte Metaphysik?

Soviel erst mal als zusätzlichen Diskussionsstoff.

@Dude: Deine Anmerkungen zu den Senphoren erinnern mich auch an Hyperdrive. Aber ich will jetzt nicht spoilern.
Dude hat geschrieben:Dass Auric nix passieren darf, ist nach den ersten paar Seiten im ersten Band klar. Schliesslich wird ja alles rückblickend erzählt..
Ja klar. Aber bei den Qua-tsunja merkt Auric selbst, dass ihm nichts passieren kann: Sie haben die Chance ihn zu erledigen, nehmen diese aber nicht wahr. Er hat das Gefühl, dass sie ihn letztendlich schonen, er ist nicht ernsthaft bedroht.
Dude hat geschrieben:Was den Schatten angeht, hab ich da irgendwas überlesen? Meinst du das Teil, das von seinem Ring ausgeht. Oder den Drachen aus der Vision?
Keines von beiden: Der Schatten tritt zum ersten Mal als Mörder des Drilling-Senphoren auf.

theDude
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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von theDude » Mo 26. Nov 2012, 12:28

Einverstanden. Auch wenn ich den dritten Band viel schneller gelesen habe als den zweiten, habe ich das Gefühl, dort mehr in die Tiefe vorgestossen zu sein.
Also der letzte Band: Ich sehe 2 Endschlachten in entgegengesetzten Umgebungen. Es gibt 2 Personen, die in gewisser Weise an beiden Endkämpfen beteiligt sind: Darachel beendet den ersten Endkampf, indem er den Homunkulus/Kudai besiegt, Auric beendet den zweiten. Das klingt jetzt hier trivial, tatsächlich ist es durch die Konstruktion, u.a. den Kampf zwischen Darachel und dem Homunkulus, der zu dem Zeitpunkt eine anonyme Kampfmaschine ist, an den Anfang zu setzen, gar nicht so leicht zu sehen, finde ich.
Dies trifft eigentlich auf die gesamte Plateaugemeinschaft zu. Und viel wichtiger: Der Drache. Er ist im ersten Kampf in Form der Elfin und im zweiten vergeistigt im Silaé beide Male als Art Abschlusskampf am Start. In der rohen Welt der Fantasy gewinnt er, in der vergeistigteren Welt der Literatur hat er aber keine Macht.


Beide Endkämpfe finden unter "Ausschluss der Öffentlichkeit" statt. Allerdings beginnen sie mMn etwas früher.
Für das offizielle Weltgeschehen ist Auric nach der grossen Schlacht gegen die Kinphauren besiegt und verschwunden. Auch er selbst befindet sich nach dieser Schlacht in einer persönlichen Krise. Er hat viele verloren, die ihm viel bedeutet haben und sieht, dass er seine eigentlichen Aufgaben, seine eigentlichen Ziele nicht mehr erreichen kann (sowohl die Rettung seiner Soldaten ("Schwarzer, Schwarzer") als auch der offizielle Auftrag als General).
Sein Guerillakrieg ist eine Trotzreaktion. Er selbst sieht, dass er nicht mehr viel ausrichten kann und verfällt zum ersten Mal seit dem Mord an seinem Vater wieder in eine Art Raserei, motiviert von persönlichen Gefühlen ("Rache für Czand").
Seine Krise endet folgerichtig in der Kinphaurenfestung mit einer totalen Niederlage. Er selbst überlebt nur dank zweier Dinge.
1. Sein Vater entpuppt sich plötzlich als nicht komplett negativ und hilft ihm.
2. Als er kurz vor seinem Ende steht, entdecken ihn offen-geistigere (hm, mir fällt gerade kein gutes Wort dafür ein..) Ninrae, die Plateaugemeinschaft, und retten ihn vor der endgültigen Vernichtung.

Soviel zur Handlung des ersten Kampfes. Wir haben bereits über die Äquivalente von Barbaren (Fantasy), Idirer (Feuilleton-Literatur) und Ninrae ("herkömmliche", "alte" Literatur) gesprochen. Fehlen noch die Kinphauren.
Bei ihnen fällt mir auf, dass sie immer mit der Superlative auftreten.
Ihre Magie ist total abgefahren, mit Geistern etc., während der Rest der Welt sich mit Senphoren oder Aberglauben zufrieden gibt.
Ihre Waffen sind total abgefahren, sie zünden ganze Urwälder an und haben "Maschinengewehrarmbrüste".
Ihre Anführer sind total abgefahren, Verkörperungen irgendwelcher Urzeitdrachenmonsterfeinde, genetisch gezüchtete Kriegsmaschinen etc.
Ihre Verbündeten sind total abgefahren, blitzschleudernde Monster, künstlich geschaffene, blutgeile Barbaren, seelentransformierte Krieger etc.
Gebäude, Rüstung, Stimme, Auftreten, Heeresgrösse, Aussehen.. Eigentlich nichts hat normale Dimensionen.
Möchte man dies auf die Metaebene übertragen, könnte man in ihnen die moderne Unterhaltungsindustrie sehen. Aufwändig produzierte Actionfilme ohne Inhalt, blutige Computerspiele etc. Sie sind die Hauptgefahr für heutige Bücher. Sie übernehmen Stück für Stück ihr Territorium, haben eine unglaubliche Kraft und einen unglaublichen Einfluss.
Der einzige Umstand, den ich noch nicht in dieses Gebäude einordnen kann, ist der Fakt, dass die Barbaren von den Kinphauren geschaffen wurden und nicht umgekehrt.
Die Folgen von dieser These wären aber ziemlich eindeutig. Der erste Endkampf liesse sich problemlos erklären, der Weg von Auric wäre auch auf der Metaebene schlüssig nachvollziehbar und besonders angenehm: Zum Schluss vereint Auric eigentlich alles in sich. Er ist der Nachkomme eines kinphaurischen Produkts, aufgewachsen als Barbare, vereint mit idirischem Blut und zum Schluss gerettet und aufgenommen in die Gemeinschaft der Ninrae.

Ich lass das erst mal so stehen. Bin mir mit der Rolle der Kinphauren noch nicht ganz sicher, darum bau ich daran nicht weiter.
Für den zweiten Kampf fehlt mir erst mal die Zeit. Vlt. später mehr :)
Dude hat geschrieben:Was den Schatten angeht, hab ich da irgendwas überlesen? Meinst du das Teil, das von seinem Ring ausgeht. Oder den Drachen aus der Vision?


Keines von beiden: Der Schatten tritt zum ersten Mal als Mörder des Drilling-Senphoren auf.
achso. Den hab ich mit Kudai gleichgesetzt. Bin mir jetzt zwar nicht mehr ganz sicher, denke aber, Kudai war an keinem der Kämpfe / Verfolgungen des Schattens dabei?

minkey
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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von minkey » Mo 26. Nov 2012, 12:43

Dude hat geschrieben:Auch wenn ich den dritten Band viel schneller gelesen habe als den zweiten
Ach? ;)

minkey
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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von minkey » Mo 26. Nov 2012, 21:17

theDude hat geschrieben:Beide Endkämpfe finden unter "Ausschluss der Öffentlichkeit" statt. Allerdings beginnen sie mMn etwas früher.
Für das offizielle Weltgeschehen ist Auric nach der grossen Schlacht gegen die Kinphauren besiegt und verschwunden. Auch er selbst befindet sich nach dieser Schlacht in einer persönlichen Krise. Er hat viele verloren, die ihm viel bedeutet haben und sieht, dass er seine eigentlichen Aufgaben, seine eigentlichen Ziele nicht mehr erreichen kann (sowohl die Rettung seiner Soldaten ("Schwarzer, Schwarzer") als auch der offizielle Auftrag als General).
Sein Guerillakrieg ist eine Trotzreaktion. Er selbst sieht, dass er nicht mehr viel ausrichten kann und verfällt zum ersten Mal seit dem Mord an seinem Vater wieder in eine Art Raserei, motiviert von persönlichen Gefühlen ("Rache für Czand").
Im Prinzip beginnt es sogar noch früher. Es ist eine Kette von Niederlagen Auric selbst benennt es ja am Ende von Band 2: "...und er sah es beginnen." (Alleine schon diese Schlacht, mit meinem Lieblingszitat des Buches, das für sich genommen völlig nichtssagend ist, wenn man die Schlacht gelesen hat, sich aber für immer ins Hirn einbrennt, gerade weil es sich so stark vom restlichen Stil absetzt und untypisch für Horus ist: "Blut und Blut und Blut und Blut und Blut und Blut und Grauen." (By the way: Und es muss genau 6mal Blut und 1mal Grauen sein. Alles andere geht rhythmisch nicht.) Bereits diese Schlacht ist derart zermürbend und vernichtend.)
Dude hat geschrieben:1. Sein Vater entpuppt sich plötzlich als nicht komplett negativ und hilft ihm.
Nein, sein Vater entpuppt sich nicht. Der lebende Vater war die schlichte Fantasy, die ihr Potential nicht nutzt. Nach der Niederlage trifft Auric den Geist seines Vaters, also pure Metaphysik, es ist die pure, unverdorbende Essenz des Vaters, das was als Potential in ihm steckte, aber nicht zur Entfaltung gekommen ist.
Dude hat geschrieben:Als er kurz vor seinem Ende steht, entdecken ihn offen-geistigere (hm, mir fällt gerade kein gutes Wort dafür ein..) Ninrae, die Plateaugemeinschaft, und retten ihn vor der endgültigen Vernichtung.
Genau: Die Black Company und das Potential der Fantasy haben ihm Zeit verschafft, die eigentliche Rettung ist aber die Literatur (nicht im Sinne vom Feuilleton).
Dude hat geschrieben:Fehlen noch die Kinphauren.
Bei ihnen fällt mir auf, dass sie immer mit der Superlative auftreten.
Ihre Magie ist total abgefahren, mit Geistern etc., während der Rest der Welt sich mit Senphoren oder Aberglauben zufrieden gibt.
Ihre Waffen sind total abgefahren, sie zünden ganze Urwälder an und haben "Maschinengewehrarmbrüste".
Ihre Anführer sind total abgefahren, Verkörperungen irgendwelcher Urzeitdrachenmonsterfeinde, genetisch gezüchtete Kriegsmaschinen etc.
Ihre Verbündeten sind total abgefahren, blitzschleudernde Monster, künstlich geschaffene, blutgeile Barbaren, seelentransformierte Krieger etc.
Gebäude, Rüstung, Stimme, Auftreten, Heeresgrösse, Aussehen.. Eigentlich nichts hat normale Dimensionen.
Möchte man dies auf die Metaebene übertragen, könnte man in ihnen die moderne Unterhaltungsindustrie sehen. Aufwändig produzierte Actionfilme ohne Inhalt, blutige Computerspiele etc. Sie sind die Hauptgefahr für heutige Bücher. Sie übernehmen Stück für Stück ihr Territorium, haben eine unglaubliche Kraft und einen unglaublichen Einfluss.
Nein, ich glaube nicht das hier die Metapher des Fantasygenres verlassen wird. Die Kinphauren sind das, was aus der 'alten' Fantasy übriggeblieben ist: Das unsäglich Böse, dass die Welt verschlingen wird und letztendlich durch einen Helden aufgehalten wird. SIe nehmen ja auch die alten Festungen wieder 'in Betrieb'. Die Kinphauren und der ganze Rest sind so überlegen, dass sie nicht verlieren können. In der 'herkömmlichen' Fantasy würde Auric gewinnen, z.B. dank des Valkyersring und man schöpft ja tatsächlich einen Moment Hoffnung für Auric in dem Moment, in dem der Ring seine Macht entfaltet. Aber unter der Prämisse realistisch zu bleiben, kann Auric den Kampf nicht gewinnen, also endet es in einer kompletten Niederlage. (Ikun müssen wir in diesem Zusammenhang auch noch mal beleuchten...)
Dude hat geschrieben:Der einzige Umstand, den ich noch nicht in dieses Gebäude einordnen kann, ist der Fakt, dass die Barbaren von den Kinphauren geschaffen wurden und nicht umgekehrt.
Was dann wieder passt: Auric (das Buch) ist das Resultat aus der Geschichte des Fantasygenres, das Genre ist Aurics Vater genauso wie die Literatur Aurics Mutter ist. Das Genre hat auch die Barbaren erschaffen. Letztendlich sehe ich Anaudragor als das Genre und den Drachenmond als das Auge des Fantasylesers, der mit den Erwartungen an das Genre Ninragon liest.
Dude hat geschrieben:Zum Schluss vereint Auric eigentlich alles in sich. Er ist der Nachkomme eines kinphaurischen Produkts, aufgewachsen als Barbare, vereint mit idirischem Blut und zum Schluss gerettet und aufgenommen in die Gemeinschaft der Ninrae.
Ja. Auric vereint den Leser, den Autor, das Buch, das Genre und die Literatur.

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Horus W. Odenthal
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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von Horus W. Odenthal » Mo 26. Nov 2012, 21:41

Als erstes möchte ich sagen, Dude, dass ich mich sehr darüber freue, dass dir Ninragon und besonders der dritte Band so gut gefallen haben. Und ich muss Minkey zustimmen: Du hast sehr sorgfältig gelesen.
Deine Gedanken zu Kudai und Ku Zwei gefallen mir.
Ich denke, Kudai war schon immer ehrgeizig. Das klingt schon bei dem durch, was er Auric über sich im Dschungelkampf um die Kinphaurenfestung Jhipan-Naraúk erzählt.
Kudai und Nefraku? Umanakhu und Nefraku? "The Return of the Black Company". Oder sind wir da schon auf der Meta-Ebene?
@Minkey Zur Meta-Ebene bezügl. Sartre und Schopenhauer kann ich nicht viel sagen. Mit Sartre konnte ich nie viel anfangen, wie auch mit dem ganzen Existenzialismus, obwohl mir einige seiner Vertreter sehr sympathisch waren. Schopenhauer suchst du auch bei mir vergebens. Da schaust du besser mal bei R. Scott Bakker nach. Vielleicht einer der Gründe, warum ich mit seinen tieferen Bedeutungsschichten und dem, was der Mann mir verplätten will, bei aller Verehrung seines Stils (vor allem im ersten Band "The Darkness that Comes Before"). Oder du gehst direkt zu Thomas Mann. Eigentlich seltsam, dass mich oft Schriftsteller von ihrem Werk her anziehen, obwohl ich zu ihren Anschauungen total konträr eingestellt bin. Von Schopenhauer und Sartre wüsste ich nichts.
Weiter:
Beide Endschlachten in Festungen, in Türmen. Die Beobachtungen zu den beiden Endkämpfen finde ich gut, Minkey. Ja, und den ersten, der in der Kinphaurenfestung beginnt, der eigentlich der Kampf Aurics ist, wird von Darachel beendet. Der zweite, der eigentlich der Kampf Darachels ist, wird von Auric beendet.
Guter Gedanke zum Geist des Vaters und seiner Symbolik – auf dieser Ebene. (Und guter Nachsatz zum Vater im nächsten Post, Minkey: "Nein, sein Vater entpuppt sich nicht. Der lebende Vater war die schlichte Fantasy, die ihr Potential nicht nutzt. Nach der Niederlage trifft Auric den Geist seines Vaters, also pure Metaphysik, es ist die pure, unverdorbende Essenz des Vaters, das was als Potential in ihm steckte, aber nicht zur Entfaltung gekommen ist.") Aber warum ist danach der Kampf nicht zu Ende? Was ist die Nemesis, die aus all dem Untergang immer noch herauskommt und Auric verfolgt. Die er selber nicht imstande ist endgültig zu besiegen?
Gehörte der nicht zum Einen Weg. Was hattest du noch einmal über den einen Weg und Magie gesagt, Dude?
Ja, das habe ich mir auch schon gedacht, Minkey, dass du mit dem Schatten den geheimnisvollen Mörder der Senphoren meinst. Sicher, er ist ein Geschöpf der Kinphauren, so viel ist klar. Aber wenn ich noch mehr darüber sagen würde, würde ich massiv spoilern, obwohl ihr beide, Minkey und Dude, alle drei Bände schon gelesen habt.
Gute Gedanken zum Drachen, Dude.
Aber Aurics Entschluss, nach der Schlacht weiterzukämpfen ist nicht nur eine reine Trotzreaktion. Er verfolgt ein Ziel. Er will noch immer die Kinphauren so lange aufhalten, bis sich – das ist zumindest seine Hoffnung, und die Hoffnung stirbt zuletzt – im Herzland des Idirischen Reiches ein Widerstand gegen die Invasion gebildet hat. Sein Widerstand muss in der Kinphaurenfestung enden. Denn das Ideal, für das er kämpft, oder vorgibt zu kämpfen, kann längst nicht mehr als Ideal angesehen werden. Es ist Aurics Entschluss, an diesem Ideal festzuhalten, es als seine Guerillafahne zu benutzen. Die Sechzehnte.
Zurück zu meiner Frage vom Anfang der Leserunde. Könnte Virri nicht auch Aurics Vater sein? Hier schließt sich wieder ein Kreis.
Nein, Dude, die Valgaren wurden nicht von den Kinphauren geschaffen sondern von den Criyvan-Anaácht. ("Nennen wir sie Ur-Kinphauren.) Sie waren ein mit dem Drachen verbündetes Volk. Aus ihnen heraus entwickelte sich die Rasse der Kinphauren. Also sind eigentlich sowohl Kinphauren als auch Valgaren auf verschiedene Weisen die "Kinder" der Criyvan-Anaácht.
minkey hat geschrieben:Die Kinphauren sind das, was aus der 'alten' Fantasy übriggeblieben ist: Das unsäglich Böse, dass die Welt verschlingen wird und letztendlich durch einen Helden aufgehalten wird. SIe nehmen ja auch die alten Festungen wieder 'in Betrieb'. Die Kinphauren und der ganze Rest sind so überlegen, dass sie nicht verlieren können. In der 'herkömmlichen' Fantasy würde Auric gewinnen, z.B. dank des Valkyersring und man schöpft ja tatsächlich einen Moment Hoffnung für Auric in dem Moment, in dem der Ring seine Macht entfaltet. Aber unter der Prämisse realistisch zu bleiben, kann Auric den Kampf nicht gewinnen, also endet es in einer kompletten Niederlage.
Was dann wieder passt: Auric (das Buch) ist das Resultat aus der Geschichte des Fantasygenres, das Genre ist Aurics Vater genauso wie die Literatur Aurics Mutter ist. Das Genre hat auch die Barbaren erschaffen. Letztendlich sehe ich Anaudragor als das Genre und den Drachenmond als das Auge des Fantasylesers, der mit den Erwartungen an das Genre Ninragon liest.
Was kann ich mehr dazu sagen?
Ja, und genau, der Schatten, das war nicht Kudai.
Wie steht es immer so schön beim Chinesen auf dem Zettel aus den Glückskeksen: "Es war kein Hühnchen." :lol:

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Horus W. Odenthal
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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von Horus W. Odenthal » Mo 26. Nov 2012, 21:55

Horus W. Odenthal hat geschrieben:Was kann ich mehr dazu sagen?
Außer vielleicht, dass Valgaren und Kinphauren in ihrem Ursprung die Kinder von etwas noch viel Älterem sind.

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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von minkey » Mo 26. Nov 2012, 22:00

Horus W. Odenthal hat geschrieben:@Minkey Zur Meta-Ebene bezügl. Sartre und Schopenhauer kann ich nicht viel sagen....Von Schopenhauer und Sartre wüsste ich nichts.
Sehr gut, ich ja auch nicht. Ich war nur auf die Idee gekommen, weil ich mal ein bisschen Metaphysik, Willensmetaphysik etc. gegoogelt habt und bei Schopenhauer irgendwas kam, was ich stark verkürzt so verstanden habe, dass der Mensch erst alles mögliche durchleiden muss, um eine nächste Stufe der Erkenntnis zu gewinnen und das hatte mich an Auric erinnert. Aber der Rest passte eh auch nicht.


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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von minkey » Di 27. Nov 2012, 11:01

Horus W. Odenthal hat geschrieben:Mainstream?
http://www.joeabercrombie.com/2012/11/2 ... estseller/
Ich denke, Abercrombie ist ein schlaues Köpfchen und hat sein Zielpublikum gut im Blick. Red Country zielt auf den amerikanischen Markt und das Abercrombie das Buch Clint Eastwood widmet, ist ein entsprechend geschickter Schachzug.

Ob es Mainstream ist? Hier z.B. ein Ausschnitt aus dem ersten Review, dass mir zufällig in Google über den Weg lief:
http://bestfantasybooks.com/blog/review-red-country-by-joe-abercrombie/ hat geschrieben: ...Joe Abercrombie is not for everyone. He pushes his readers to the edge of their comfort zones and then sometimes pushes them right over the edge just because he can. Honestly I don’t know if there is a fantasy trope Joe hasn’t tried to kick in the groin up to this point in his career. Honestly from what I’ve seen from several readers is that they dont’ like his treatment of the fantasy genre, and I understand where they are coming from. Abercrombie doesn’t write traditional fantasy, if that’s what you’re looking for, look elsewhere. What he does do, and probably better than any other author in fantasy, is give you a dark, gritty, and realistic story that will challenge you...
Klar, das Statement könnte für Ninragon übernommen werden.

Ich habe dennoch die Vermutung, dass Abercrombie klarer für ein Zielpublikum schreibt. Ninragon hingegen ist etwas, worüber Du schreiben möchtest, Dein Zielpublikum ist viel vager (irgendwas in der Art wie die Leute, die auch Abercrombie mögen) und tatsächlich eigentlich eine Nische (die Fantasy-Leser, die Literatur lesen wollen). Die meisten Abercrombie-Leser werden aber gar keine Literatur lesen wollen und werden auch nicht in Leserunden die Metaebenen entschlüsseln. Sie werden einfach nur fasziniert sein, von dem was den Protagonisten passiert, von den Emotionen, die es in ihnen beim Lesen weckt und davon, dass nicht den ausgetretenen Pfaden gefolgt wird. Hier ist ausschlaggebend, dass die Story glaubwürdig ist, die Protagonisten echt wirken und vor allem, dass es einen beim Lesen berührt. Alles Elemente, die Ninragon auch hat, aber da Dir die Metaebene ebenfalls wichtig ist und die Trilogie dadurch einer starken Struktur folgen muss, hast Du Dir in dieser Hinsicht auch Beschränkungen auferlegt. Ninragon ist vor allem ein Erlebnis, wenn man über die vordergründige Story hinausblickt, tut man das nicht, ist einiges auch verwirrend.

Außerdem: Abercrombie schreibt für den englischsprachigen Markt und nimmt durch seine dort erworbene Bekanntheit den deutschen Markt mit. Du hingegen versuchst Dir direkt den deutschen Markt zu erschliessen. Oder anders: Wäre Abercrombie ein deutscher Autor, wo stände er jetzt? Vielleicht trotzdem oben, aber hätte er die gleichen Bücher geschrieben oder sich dem deutschen Markt angepasst? Oder würden wir ihn einfach nicht kennen?

Was ich jetzt nicht missverstanden sehen möchte, als Anregung Dich an einen Markt anzupassen. Lediglich als Erklärung, warum aus einem Abercrombie-Bestseller in den USA sich nicht Ähnliches für einen deutschen, unbekannten Schriftsteller auf dem deutschen Markt folgern lässt. Also in dem Sinne hast Du Recht, besitzt Ninragon ähnliche 'Mainstream'-Eigenschaften wie Abercrombies Bücher. Es wird Dir nur auf dem deutschen Markt leider herzlich wenig nutzen, fürchte ich. Zumindest nicht, solange ein Verlag Dich nicht mit einer Veröffentlichung aus dem Schmutzmarkt der selbstverlegten Bücher erhebt, in dem Du ohnehin wahrlich nichts verloren hast.

minkey
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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von minkey » Mi 28. Nov 2012, 23:29

Beim Nachdenken über Dudes schlaue Anmerkungen sind mir weitere Ideen gekommen. Ich schreib mal schnell mit dem nook, deswegen jetzt ohne Zitate:
Zum einen hatte Dude die interessante Beobachtung zu Kudai und Ku Zwei. Zum anderen die Bemerkung, dass Wert auf Begriffe gelegt wird: Kudai ist bereits nach seinem Wiederauftauchen nicht mehr der alte, später ist er ein Homunkulus. Dieser Begriff ist sicher kein Zufall, die bekannteste Verwendung in Goethes Faust. Zu dem Zeitpunkt hat Auric Ku zwei bereits verjagt. Ein Homunkulus ist ein künstliches Wesen. Damit ist auch Kudai ein künstliches Wesen. Reduziert auf eine Eigenschaft: zu kämpfen. Kudai wollte außerdem Aurics Sechszehnte auf seine Seite ziehen. Ich bin mir noch nicht sicher, wie das alles ins Bild passt, nur mal so zum Sortieren. Auch der Überfall auf die Senphoren muss in diesem Zusammenhang noch mal betrachtet werden.

Und noch mal zu Red Country: Vielleicht wird Abercrombie damit in Deutschland noch was bekannter und die Verlagswelt sieht auch mal 'ne Chance für 'nen deutschen Autor dieser Richtung. :)

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