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Jörg Benne

Legenden von Nuareth - Die Stunde der Helden


 
»Legenden von Nuareth - Die Stunde der Helden« von Jörg Benne


Besprochen von:
 
Sachmet
Deine Wertung:
(4)

 
 
Während Felahar von Brickstein in einer Schenke sitzt und eine recht abenteuerliche Geschichte über die drei Helden Wim, Dalagar und Huk erzählt, öffnet sich plötzlich die Tür und die drei Helden erscheinen höchst selbst auf der Bildfläche. Wie so oft im Leben, stimmen Legenden und Realität nicht unbedingt überein. Statt dreier begnadeter und ehrenhafter Kämpfer besteht das Trio aus einem riesenhaften Dummkopf mit einem kindlichen Gemüt, einem griesgrämigen Schläger und einem Schwert schwingenden Weiberheld. Und statt heldenhaft auf einem Pferd oder Nobo in die nächste Schlacht zu reiten, ziehen die drei in einem Planwagen von Ort zu Ort, immer auf der Suche nach einem lukrativen Auftrag, der ihnen wieder ein paar Münzen in die Tasche bringt. Sie sind mehr Söldner als Helden. Drei, die um jeden Preis feilschen und deren glorreiche Taten aus dem Töten von mutierten Ratten oder dem plündern von Grabstätten bestehen.

Um sich eine eigene Meinung über die Helden zu bilden und ihre Geschichten aufzuschreiben, begleitet der naive und gutmütige Felahar die drei Männer auf ihren Reisen durch die Nordlande. Schnell wird klar, dass der junge Städter nicht für ein Leben in so einem verwahrlosten, brutalen und kalten Landstrich geeignet ist. Seine Illusionen über ein abenteuerliches Leben sind schnell dahin und bald beginnt der Kampf um das nackte Überleben. Unwissentlich haben sich die vier die Feindschaft des Syndikats zugezogen, dass ihnen nun auf den Fersen ist und ihnen nach dem Leben trachtet.

Ausgerechnet der naive, etwas pummelige und gutmütige Felahar gerät in Gefangenschaft und in die Folterkeller des Syndikats. Nun muss sich zeigen, ob auch er zu einem Helden geboren ist.

Kommentar:
Das Buch beginnt sehr witzig und unterhaltsam. Es ist amüsant zu lesen, wie Felahar eine erfundene Geschichte über drei bewunderungswürdige Helden erzählt und diese dann die Schenke betreten. Keiner der drei kann sich an das geschilderte Abenteuer erinnern. Schnell machen sie Felahar klar, dass sie mit den Helden aus der Geschichte wirklich nichts gemeinsam haben. Wie Huk sagt: Echte Helden sind tote Helden.

Für Felahar waren Helden immer nobel, mutig, tapfer, ehrenhaft. Er ist entsetzt über das Verhalten der drei, die nur eingreifen, wenn die Kasse klingelt. Ansonsten werden die Menschen ihrem Schicksal überlassen. Das Land ist rau, grausam und unwirtlich von Kriegen zerrissen, nur die Starken überleben. Dalagar nutzt die Notlage der Frauen aus und macht sie sich gefügig. Er macht Versprechungen, die er nicht einzuhalten gedenkt, nur seine flinke Zunge rettet ihn aus manch brenzligen Situationen. Doch er hat eine Eliteausbildung als Kämpfer genossen und weiß sein Schwert aus Stahl genauso erfolgreich zu schwingen, wie sein Schwert, dass er bei den Frauen einsetzt. Huk ist ein mürrischer, übellauniger Raufbold für den nur das Geld zählt. Nie käme er auf die Idee, notleidenden Menschen zu helfen. Seiner Ansicht nach haben sie ihr Schicksal verdient. Und Wim ist der große, dumme Kämpfer, den eine tiefe Freundschaft mit Dalagar verbindet und der ihm überall wie ein treuer Hund folgt. Im Kampf wird er zum regelrechten Berserker und zusammen ergeben die drei Männer ein sehr erfolgreiches Trio.

Was als amüsante Unterhaltung mit viel Humor beginnt wandelt sich bald in einen düsteren und bedrückenden Fantasyroman. So, wie Felahar erkennen muss, das nichts so ist, wie es in den Geschichten erzählt wird, so muss auch der Leser umdenken und lernen, dass der Autor nicht nur eine humorvolle und oberflächliche Geschichte erzählen will. Nuareth ist keine Welt, in der jemand Schwaches überleben kann. Sie ist dreckig , grausam und düster. Hier ist kein Platz für Romantik oder Liebe, der tägliche Kampf um das nackte Überleben verlangt den Menschen alles ab. Die Bauern werden ausgenommen und betrogen, die Frauen vergewaltigt und die Söhne in Bergwerke oder Fronarbeit verschleppt. Mitleid ist ein Luxus, den sich niemand leisten kann, auch nicht die drei Helden.

Felahar erfährt am eigenen Leib, dass Geschichten zu erzählen und Geschichten zu erleben ein Himmel weiter Unterschied ist. Und er ist nicht der geeignet, in dieser Wildnis zu überleben. Er ist pummelig, linkisch und naiv, aufgewachsen in einer großer Stadt, die alles zu bieten hat, was man im Alltag braucht. Er hatte eine gute Anstellung als Schreiber und ein geregeltes Einkommen, hat nie wirklich Not gelitten. Die Langweile und Abenteuerlust trieben ihn in die Nordlande, doch die harte Wirklichkeit holt ihn bald ein.

Keine der vier Protagonisten gewinnt wirklich das Herz des Lesers. Sie sind zu ehrlich, brutal und schonungslos geschildert, doch das ist sicherlich auch die Absicht des Autors. Wie ich erfahren habe, gehört die Welt um Nuareth zu einem Browserspiel. Ich habe keine Ahnung, was das bedeutet, kann aber sagen, dass man dieses Buch ohne Kenntnisse dieses Spiels lesen und für gut befinden kann.

Ein in sich abgeschlossener Roman, dem leider eine Karte von Nuareth fehlt um ihn perfekt zu machen. Mittlerweile habe ich erfahren, dass detaillierte Karten zu dieser Welt im Internet zu finden sind und es ist mir unbegreiflich, warum sie dem Roman nicht beigefügt wurden. Das hätte sicherlich viele Leser auch neugierig auf das Spiel gemacht. Das Cover zeigt die Untensilien eines Helden und ist in gedämpften gold-braun Tönen gehalten, was mir sehr gut gefallen hat und zur Atmosphäre des Romans passt.


Fazit:
Man sollte als Leser öfters neue Wege beschreiten. Der deutsche Fantasymarkt hat wesentlich mehr zu bieten als einen Heitz oder Hohlbein. Junge Autoren, die neue Wege gehen und spannende, innovative, humorvolle und sehr unterhaltsame Geschichten zu erzählen wissen. Neben Andreas Dresen und Felix Hänisch gehört für mich nun auch Jörg Benne dazu.
 


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